Flucht vor dem Klimawandel. Ein deutsches Forschungsteam untersucht Teilumsiedlungen auf den vom Meeresspiegel bedrohten Fidschi-Inseln.
Fidschi – Wenn das Meer die Heimat verschlingt. Der fortschreitende Klimawandel bedroht immer mehr Regionen akut. Der steigende Meeresspiegel und vermehrte Extrem-Wetter-Ereignisse machen vielerorts Teilumsiedlungen notwendig. Doch nicht immer kann oder will eine ganze Dorfgemeinschaft umziehen. Eine neue Studie der Philipps-Universität Marburg offenbart nun erstaunliche Erkenntnisse über diese Teilumsiedlungen.
Entgegen allen Erwartungen berichten viele Betroffene von positiven Erfahrungen mit der Teilumsiedlung. Die Geografin Ann-Christine Link von der Universität Marburg und ihr internationales Forschungsteam untersuchten zwei Gemeinden auf den Fidschi-Inseln und kamen zu einem überraschenden Ergebnis: Umsiedlungen bedeuten nicht automatisch Verlust und Leid. Dabei hilft sicherlich, dass die Fidschi-Inseln mit internen Umsiedlungen reagieren können, auf dem bedrohten Inselstaat Tuvalu ist das nicht möglich.
Halb Fidschi wegen Klimawandel umgesiedelt – Deutsche Forscherin für Feldstudie auf Archipel
110 der 332 Inseln von Fidschi sind bewohnt. „Inzwischen wurden 50 Gemeinden identifiziert, die aufgrund klimatischer Veränderungen – insbesondere durch den Meeresspiegelanstieg und wiederkehrende Sturmfluten – umgesiedelt werden müssten“, berichtet Link, die im September 2024 für ihre Feldstudien auf dem Archipel war.
Das Forschungsteam untersuchte Vidawa auf der Insel Taveuni, wo derzeit eine von der Gemeinde initiierte Umsiedlung stattfindet. Und Denimanu auf der Insel Yadua, wo bereits vor zehn Jahren eine von der Regierung unterstützte Teilumsiedlung erfolgte. In Vidawa reagieren die Bewohner auf zunehmende Sturmfluten und Erosion, indem sie auf eine 800 Meter entfernte Erhebung umziehen. In Denimanu verließen nach Zyklon Evan 2013 insgesamt 19 Haushalte mit 150 Menschen ihre ursprüngliche Heimat.
Welche Folgen hat Klima-Flucht für Betroffene?
Aber wie wirkt sich die Klima-Flucht auf das Wohlbefinden der Betroffenen aus? Die Studie, veröffentlicht in Nature Communications Earth & Environment, nutzte eine besondere Methode: die sogenannte Q-Methode, die qualitative Geschichten mit statistischer Auswertung verbindet. „Bei der Untersuchung des Wohlbefindens orientierten wir uns bewusst an der fidschianischen Tradition des Geschichtenerzählens“, erklärt Link. Ein besonders bemerkenswertes Ergebnis: „Auch zehn Jahre später bleibt die Umsiedlung ein tief einflussreicher Faktor dafür, wie Menschen ihr Wohlbefinden bewerten“, sagt Link. „Das sind keine einmaligen Ereignisse. Es sind Prozesse mit langfristigen persönlichen und gesellschaftlichen Folgen.“
Manche finden „zweiten Himmel“ nach Umsiedlung
In Vidawa fühlten sich die Umgesiedelten sicher und sprachen von ihrem neuen Zuhause als „zweitem Himmel“, während die Zurückgebliebenen unter Angst und Sorgen leiden. In Denimanu zeigten sich komplexere Muster: Manche berichteten von gestörten Gemeinschaftsbeziehungen, andere von verbesserter Lebensqualität.
Ein Schlüsselfaktor für positive Ergebnisse ist die Art der Entscheidungsfindung. Während in Vidawa die Gemeinde selbst die Umsiedlung organisiert, wurde in Denimanu die Regierung aktiv. Dies spiegelt sich in den Erfahrungen wider: Gemeinschaftlich organisierte Umsiedlungen führten zu besseren Ergebnissen für das Wohlbefinden der Betroffenen.
Umsiedlungen könnten Millionen Menschen treffen – „Studie liefert wichtige Impulse“
Geteilte Narrative können strategische Werkzeuge sein, helfen, Erfahrungen besser zu verstehen und fundierte, menschenzentrierte Umsiedlungspolitik zu gestalten, betont Link. „Die Studie liefert damit wichtige Impulse für künftige Umsiedlungsstrategien, die nicht nur effektiv, sondern auch gerecht und nachhaltig sein sollen.“
