Experten sehen Ruhestand in Sechzigern als „Traum“ statt „Realität“
Die Rente steht unter Druck: Immer mehr Menschen gehen in Rente, immer weniger arbeiten. Laut Experten muss sich das System dem Wandel anpassen.
München – Wer in Deutschland in Rente geht, macht das in der Regel mit Mitte sechzig. Das Problem: Die alternde Gesellschaft setzt das Sozialsystem unter Druck. Nicht umsonst forderten daher verschiedene Ökonomen, Politiker und Verbandsspitzen ein höheres Rentenalter. Deutschland ist mit der Entwicklung keinesfalls alleine: Auch britische Finanzfachleute sind sich laut einem BBC-Bericht einig, dass der Ruhestand in den eigenen Sechzigern eher „Traum als Realität“ sei.
Wenn es um den Ruhestand gehe, „denke ich, dass 75 das neue 65 ist“, sagte etwa Chris Parry von der Cardiff Metropolitan University gegenüber der BBC. Larry Fink, Vorstandsvorsitzender von des Investmentunternehmens Blackrock geht ebenfalls davon aus, dass ein Ruhestand mit 65 Jahren für die meisten Menschen nicht mehr möglich sein wird.
„In 30 Jahren noch schwieriger“: Finanzexperten sehen zunehmende Belastung für die Rente
„Die Rente ist ein viel schwierigeres Unterfangen als noch vor 30 Jahren“, erklärte Fink in einem Brief an Investoren. „Und in 30 Jahren wird es noch schwieriger sein.“ Als Ursachen nennt er den Zerfall der sozialen Sicherungsnetze und steigende Lebenshaltungskosten – und eben die steigende Lebenserwartung.
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In Deutschland lag diese 1960 etwa bei 66,9 Jahren für Männer und 72,4 Jahre für Frauen. 2020 waren es laut Statistischem Bundesamt 78,3 bzw. 83,2 Jahre. Weltweit sieht diese Entwicklung nicht anders aus. Jeder sechste Mensch wird 2050 65 Jahre oder älter sein, lautet eine Einschätzung der Vereinten Nationen. Damit erreichen die Gesellschaften auch den Punkt, an dem mehr Menschen in den Ruhestand gehen als ins Erwerbsleben eintreten. Dazu beziehen die Menschen länger Rente.
Rentensysteme haben sich der gesellschaftlichen Entwicklung nicht angepasst – laut Ökonom
Die Rentensysteme hätten sich dem Wandel nicht angepasst, kritisierte Gal Wettstein, leitender Ökonom am Center for Retirement Research am Boston College, gegenüber der BBC. Es sei auch „unklar, warum die Mitte der 60er Jahre zu einem solchen Schwerpunktalter für den Ruhestand wurde“. Er spricht dabei von einem „groben Urteil“, das die Menschen gegen Ende ihres Lebens aus dem Berufsleben drängen solle.
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Ganz ähnliche Töne schlug jüngst FDP-Politiker Christian Dürr ein, der ein flexibles Rentenalter forderte. „Es gibt ja viele Menschen, die sagen: Ich habe einen tollen Job oder finde eine neue Aufgabe, zu der ich Lust habe“, sagte der Chef der FDP-Fraktion im Bundestag der Bild. „Warum stelle ich solche Leute aufs Abstellgleis? Das ist geradezu altersdiskriminierend.“ Dürr kann sich ein flexibles Renteneintrittsalter vorstellen. Auch Menschen im Alter von 73 Jahren könnten dann noch arbeiten. Bis zur 75, die Chris Parry ins Spiel brachte, ist es dann nicht mehr weit. (ms)
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