Von: Marcus Giebel
Im Tarifstreit zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern soll nun eine Schlichtungskommission für eine Lösung sorgen. Die Verhandlungen werden als gescheitert angesehen.
München – Drei Tage lang dauerten die Gespräche zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern, die am Montag von einem umfassenden Warnstreik eingeläutet worden waren. In der Nacht zu Donnerstag erklärten Verdi und der Beamtenbund dbb die Verhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Ländern für gescheitert.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigte für die Arbeitgeber an: „Wir werden jetzt die Schlichtung einberufen.“ Verdi teilte dazu mit, dass während dieser Phase ab diesem Sonntag Friedenspflicht herrsche. In der Zeit bis dahin seien allenfalls noch kleinere regionale Warnstreiks geplant.
Bis Mitte April hat nun eine Schlichtungskommission Zeit, um einen Einigungsvorschlag für das Einkommen der 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen vorzulegen, womit in den beiden Wochen vor Ostern Streiks ausgeschlossen sind. Als Vorsitzende treten für die Arbeitgeberseite der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt und für die Gewerkschaften der frühere Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr auf. Dabei hätte Lühr im Zweifelsfall die entscheidende Stimme.
Nach den für gescheitert erklärten Verhandlungen, die seit Januar drei Runden umfassten, sagte Verdi-Chef Frank Werneke: „Am Ende mussten wir feststellen, dass die Unterschiede nicht überbrückbar waren.“ Laut dbb-Chef Ulrich Silberbach lautete der Auftrag der Beschäftigten an die Gewerkschaften, „dass sie nicht nur einen Inflationsausgleich erhalten, sondern eine Reallohnerhöhung“. Beide erklärten, die Gewerkschaftsgremien hätten einstimmig für das Scheitern votiert.
Enttäuscht zeigten sich Faeser und ihre SPD-Parteikollegin und Oberbürgermeisterin Gelsenkirchens, Karin Welge, die als Verhandlungsführerin der Kommunen auftrat. „Ich bedauere sehr, dass die Gewerkschaften jetzt die Verhandlungen abgebrochen haben“, betonte die Innenministerin: „Wir hätten uns anderes gewünscht, und ich glaube, dass gerade in diesen Krisenzeiten es gut gewesen wäre, am Verhandlungstisch noch zu bleiben.“ Weiter sagte sie, die Arbeitgeber seien „bis an die Grenze des Verantwortbaren für die öffentlichen Haushalte“ auf die Gewerkschaften zugegangen.
„Die Brücke, die wir geschlagen haben, ist keine, die man nicht hätte begehen können“, stellte Welge klar. Nun sei ihnen „die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben“. Laut Faeser lautete das Angebot der Arbeitgeber wie folgt: acht Prozent mehr Einkommen und ein Mindestbetrag von 300 Euro – zusätzlich eine steuerfreie Einmalzahlung von 3000 Euro mit einer Auszahlung von 1750 Euro bereits im Mai. Faeser verwies bei dem Angebot auf die Möglichkeit, den Beschäftigten schnell zu helfen – zumal die Kosten gerade jetzt sehr hoch seien: „Und ich glaube, das wäre im Sinne der Beschäftigten gewesen, jetzt eine schnelle Lösung zu haben.“
Die Forderung von Verdi und dbb lautete 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens 500 Euro im Monat. Zentral war dabei der Mindestbetrag, der vor allem Bezieherinnen und Beziehern unterer Einkommen zugutekäme.
Im Februar hatten die Arbeitgeber noch fünf Prozent mehr Lohn sowie Einmalzahlungen von 1500 und dann noch einmal 1000 Euro angeboten. Ein Mindestbetrag war dabei nicht vorgesehen. Aus Arbeitgeberkreisen hieß es, die nun angebotenen mindestens 300 Euro hätten in unteren Einkommensgruppen bis zu 15 Prozent mehr ausgemacht.
Uneinigkeit herrscht auch bei der Laufzeit. Die Gewerkschaften fordern hier zwölf Monate, was den Arbeitgebern zu wenig ist. Sie hatten zunächst 27 Monate angeboten. Aus Verhandlungskreisen heißt es, hier seien beide Seiten kompromissbereit gewesen. Silberbach merkte an, angesichts der generellen Position der Arbeitgeber habe das Entgegenkommen der Gewerkschaften bei der Laufzeitfrage nicht für eine Gesamtlösung gereicht.
Es ist völlig offen, wie es nach der Schlichtung weitergeht. Nach einer Aufstellung der Gewerkschaften, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt, müssen spätestens am 18. April die Verhandlungen der Tarifparteien wieder aufgenommen werden. Dann kann es zu einer Lösung kommen, ebenso sind weitere reguläre Streiks möglich. Bereits Anfang der 90er Jahre gab es im öffentlichen Dienst Streiks nach gescheiterter Schlichtung – damals über zehn Tage und flächendeckend.