Wolfgang DePonte
Gute Nachrichten zum Thema Rente: Mit dem Wachstumschancengesetz geht die Bundesregierung endlich das Thema Doppelbesteuerung an. Neurentner werden dadurch entlastet – manche sogar um tausende Euro.
München – Noch fehlt die letzte Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zum Wachstumschancengesetz, aber schon jetzt steht fest, dass die Regelungen für viele Neurentner eine enorme Entlastung bringen wird. Denn mit dem Gesetz wird der seit 2005 laufende Prozess der Besteuerung der Renten deutlich verlangsamt. Statt wie bisher geplant im Jahr 2040 werden Renten damit erst ab 2058 zu 100 Prozent versteuert (siehe auch Tabelle).
Wachstumschancengesetz bringt Entlastung für Neurentner
Was zunächst wenig spektakulär klingt, hat immense finanzielle Auswirkungen, wie jetzt eine Studie des Steuerexperten und Finanzmathematikers Werner Siepe belegt. Demnach bleibt für Neurentner bereits ab diesem Jahr „mehr von der Rente steuerfrei”. Für 1975 geborene Gutverdiener, die 40 Jahre lang ein Gehalt an der Beitragsbemessungsgrenze bezogen haben oder noch beziehen werden und im Alter 17 Jahre lang Rente beziehen, seien dies „in der Spitze insgesamt rund 72.000 Euro“, hat Siepe errechnet. Bei Rentenbeziehern, die im Berufsleben 45 Jahre lang durchschnittlich verdient haben (der Durchschnittsverdienst liegt heuer bei 43.100 Euro), blieben 43.000 Euro zusätzlich steuerfrei, so Siepe.
So wird die Rente besteuert – Beispiele in der Tabelle:
Rentenbeginn | Alt | Neu |
2023 | 83 % | 82,5 % |
2025 | 85 % | 83,5 % |
2030 | 90 % | 86,0 % |
2035 | 95 % | 88,5 % |
2040 | 100 % | 91,0 % |
Quelle: Vers (Versicherungsberater - Gesellschaft mbH)
Beispielrechnungen: So wirkt die Entlastung für Neurentner
Wie solche Summen zusammenkommen, zeigt das Beispiel von Werner H. Der 65-jährige, alleinstehende Ingenieur ist seit Januar im Ruhestand und bekommt 2200 Euro Rente. 17 Prozent seiner Rente sind für den Rest seines Lebens komplett steuerfrei – das sind monatlich 374 Euro. Zieht man vom Rest den Grundfreibetrag ab, beträgt die monatlich zu versteuernde Rente noch rund 833 Euro im Monat. Wird das Wachstumschancengesetz rückwirkend zum 1. Januar 2023 gültig, wären 17,5 Prozent der Rente steuerfrei und Werner H. müsste nur noch 822 Euro monatlich versteuern. MEIN BEREICH
Bei einem Neurentner des Jahres 2039 sieht das aber schon anders aus, denn sein Steueranteil läge nach der bisherigen Regelung bei 99 Prozent, nach der neuen Regelung aber nur noch bei 90,5 Prozent. Bei einer Rente, wie sie heute Werner H. bezieht (2039 wären das 2860 Euro, wenn man von den durchschnittlichen Rentenerhöhungen ausgeht), fielen damit mehrere hundert Euro im Jahr weniger Einkommensteuer an. Und das bei Männern im Schnitt 18,8 Jahre lang – das ist die durchschnittliche Rentenbezugsdauer bei Männern, bei Frauen sind es sogar 22,2 Jahre.
Doppelbesteuerung: Finanzministerium will weiter nachbessern
Aber warum ändert die Bundesregierung überhaupt die bestehenden Regelungen? Hintergrund sind zwei Urteile des Bundesfinanzhofes vom Mai 2021, in dem die Doppelbesteuerung von Renten festgestellt wird. Und da diese verfassungswidrig ist, muss der Gesetzgeber handeln, was im Rahmen des Wachstumschancengesetzes nun auch geschehen ist.
Das Thema Doppelbesteuerung ist damit aber wohl noch immer nicht ganz vom Tisch, wie Experte Siepe rechnerisch nachweisen kann. Es wird auch künftig solche Fälle geben – bei künftigen Rentnern ebenso wie bei Bestandsrentnern. Die sind in der Neuregelung noch gar nicht berücksichtigt. Das Finanzministerium will deshalb in einem weiteren Schritt das Gesetz nachbessern. In der Diskussion sind individuelle Freibeträge. Finanzmathematiker Siepe fürchtet, dass das Thema zu einer unendlichen Geschichte wird.
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